Bericht zur Abschlussveranstaltung des Projekts NLW am 8.11. in Benediktbeuern: „Das Soziale und die Landwirtschaft“
Am 8. November 2024 fand unter dem Titel „„Das Soziale und die Landwirtschaft. Zwischen gesellschaftlichem Konflikt und neuen Chancen“ die Abschlusstagung des vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst geförderten Forschungsprojekts NLW („Natur – Land – Wirtschaft“) auf dem Campus Benediktbeuern der KSH München statt.
Prof. Dr. Michael Spieker und Dr. Christian Hofmann stellten dabei das Projekt NLW vor, das seinen Ausgang von dem gesellschaftlichen Konflikt um die Transformation der Landwirtschaft und der Entfremdung von den (nur abstrakt zu trennenden) Bereichen von Landwirtschaft und Gesellschaft nahm, wie sie in der Vergangenheit etwa in den Bauernprotesten zum Ausdruck kamen. Ökonomischer Druck auf die Landwirte (die sich dem Prinzip „Wachse oder weiche!“ ausgesetzt sehen) und die ökologische Belastung der Natur durch intensive Landnutzung können als zwei Seiten des selben Problems aufgefasst werden.
Wie können Landwirtschaft und Gesellschaft wieder zusammenfinden? Wie kann Landwirtschaft wieder sozial und ökologisch nachhaltig werden? Bei der Bearbeitung dieser Fragen konzentrierte sich das Projekt NLW v.a. auf Nischen der Transformation, nämlich die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) und die Soziale Landwirtschaft (SozLawi). Insbesondere letztere stand im Fokus des Forschungsprojekts und somit auch der Abschlusstagung. Das Projekt konnte hierzu den frisch gedruckten Sammelband „Potenziale der Sozialen Landwirtschaft. Vielfalt und Anerkennung für Höfe und Menschen“ (erschienen beim Verlag Metropolis) präsentieren.
Als Gastreferentin referierte die Sozialwissenschaftlerin Prof. Dr. Susanne Elsen von der Freien Universität Bozen zum Thema „Der Beitrag der Sozialen Landwirtschaft zur ökosozialen Transformation“ und berichtete dabei insbesondere auch von den Erfahrungen mit der Sozialen Landwirtschaft in Italien. Dort ist die Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft schon sehr viel weiter vorangeschritten als in Deutschland, sodass es seit 2015 etwa auch ein eigenes nationales Gesetz hierzu gibt. Eine weitere Besonderheit ist, dass in Italien Projekte der Sozialen Landwirtschaft häufig von Bürger- und Sozialgenossenschaften betrieben werden, die auf kleinen Betrieben ökologisch und gemeinwesenorientiert wirtschaften und auf diese Weise neue Wege zu einer ökosozialen Transformation aufzeigen.
Im Anschluss an den Vortrag fand eine Gesprächsrunde statt, an der Vertreterinnen und Vertreter aus der Praxis (Dr. Markus Höbel aus Altusried sowie das Ehepaar Schönach aus Eschenlohe), der Wissenschaft (Prof. Dr. Elsen) und der Politik (Regine Wiesend vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus) teilnahmen. Das Ehepaar Schönach hat auf dem eigenen Hof eine Außenarbeitsstelle für eine der Töchter eingerichtet, die eine Lernbehinderung hat und mittlerweile weitgehend allein für das Melken und die Versorgung der Kühe zuständig ist.
Der Theologe und Religionspädagoge Dr. Höbel betreut auf seinem Hof bereits seit über 20 Jahren zunächst Haftentlassene und dann als „unbeschulbar“ abgestempelte Jugendliche, um sie bei ihrem Weg (zurück) in die Gesellschaft zu unterstützen. Dafür bedarf es einer intensiven Betreuung, die z.B. dazu führt, dass Jugendliche im Umgang mit Tieren zum ersten Mal lernen, was Empathie bedeutet, und die sie schließlich auch dazu befähigt, ihren Hauptschulabschluss nachzuholen.
Regine Wiesend warb für das Lernen voneinander und für eine offene Gesprächskultur. Susanne Elsen setzte zum Schluss ihre Hoffnung auf die Jugend. Das Land biete jungen Leuten durchaus Möglichkeiten, sich zu entfalten und eigene Projekte zu realisieren. Ein anregendes Gesprächs- und Begegnungsforum, bei dem zugleich viele junge Leute anwesend waren, bot diese Abschlusstagung. Unter den etwa 60 Personen im Audimax waren u.a. Landwirtinnen und Landwirte, Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden und zahlreiche Studierende der Sozialen Arbeit.